Erdgas aus Südoldenburg
Etwa 20 % des deutschen Erdgasbedarfs wird aus einheimischen Erdgasquellen gewonnen. Der Schwerpunkt der Erdgasproduktion liegt in Niedersachsen, und ein große Zahl von Erdgaslagerstätten befindet sich im Gebiet südlich von Oldenburg, d.h. in Südoldenburg. Dieses Gebiet setzt sich im Wesentlichen aus Teilen der Landkreise Oldenburg, Vechta und Cloppenburg zusammen.
Im Laufe von Millionen von Jahren haben sich Reste von Landpflanzen unter Sauerstoffabschluss erst in Torf, dann in Braun- und später in Steinkohle umgewandelt. In diesen Formationen hat sich auch Erdgas gebildet, das unter günstigen geologischen Bedingungen in 4000 bis 6000 m Tiefe durch undurchlässige Schichten aus Salz oder Ton am Entweichen gehindert wurde. Erdgas besteht im Wesentlichen aus Methan, das eine ganz einfache chemische Substanz aus Kohlenstoff mit vier Wasserstoffatomen ist, die mit hoher Energieausbeute zu Wasser und Kohlendioxid verbrennt. Im Erdgas sind diesem Methan noch unterschiedliche Verunreinigungen wie Kohlendioxid, Stickstoff und höhere Kohlenwasserstoffe beigemengt.
Als man in den dreißiger Jahren überall in Norddeutschland
nach Öl suchte, das einen ähnlichen Entstehungsprozess wie das Erdgas
hat, aber geologisch jünger ist, fand man in einigen Gebieten „leider“
nur Gas, das erst seit einem guten halben Jahrhundert systematisch gefördert
und verwertet wird.
Noch größer war anfänglich die Enttäuschung, als man Ende
der 60er Jahre in Südoldenburg nur das sog. „Sauergas“ fand,
ein Erdgas, das beträchtliche Mengen an natürlichem, giftigem Schwefelwasserstoff
enthält. Dieses Gas ist so, wie es aus der Erde kommt, nicht zu verwenden.
Um die riesigen Gasvorkommen, die in diesem Gebiet lagern, dennoch nutzen zu
können, wurde 1972 mit dem Bau der Erdgasaufbereitungsanlage in Großenkneten begonnen,
der größten ihrer Art in Europa. Hier geht auf der einen Seite Sauergas
hinein, und auf der anderen Seite kommen sauberes Erdgas und Schwefel heraus.
(weitere Details zur Anlage siehe Großenkneten)
Die Ergasfelder tragen die Namen nach Ortschaften bzw. Gebieten, in deren Nähe die Lagerstätten zuerst angebohrt worden sind, wie z.B. Hengstlage, Sagermeer, Visbek, Goldenstedt u.a.
Dort, wo nach Erdgas gebohrt wird, steht für einige
Wochen oder Monate der transportable, riesige Bohrturm (Foto rechts), mit dessen Hilfe
nicht nur ein mehrere tausend Meter tiefes Loch gebohrt wird, sondern das Loch
muss auch auf seiner gesamten Länge mit Metallrohren ausgekleidet werden.
Die Spalten zwischen Metallrohr und dem umgebenden Gestein werden mit Spezialzement
abgedichtet, damit das Erdgas nur durch die Bohrung bzw. die sog. Förderrohrtour
an die Erdoberfläche gelangen kann.
Nachdem die Bohrung abgeteuft, d.h. fertig gestellt worden ist, zieht der Bohrturm
zur nächsten Neubohrung. Oben auf die Bohrung kommt der Bohrlochkopf,
ein gewaltiger Ventilblock, der auch Eruptionskreuz genannt
wird und mit dem alles abgesperrt werden kann (Foto
unten). Auf dem Sondenplatz werden eine Trocknungsanlage, diverse liegende
Tanks und eine sog. Hochfackel (rechts im Bild auf Foto unten) aufgebaut.
Die verbleiben auf dem Bohrplatz, bis die Lagerstätte in einigen
Jahrzehnten leergeförder ist, und sind längst nicht so spektakulär
wie der Bohrturm.
ein typischer Sondenplatz mit Gastrocknungsanlage und Fackel (links)
das Eruptionskreuz (links)
Das Bohrloch heißt offiziell "Sonde",
der Platz darum herum ist der Sonden- oder Förderplatz (Foto
oben links).
In der Trocknungsanlage wird das Erdgas getrocknet, denn es ist normalerweise
wassergesättigt und dadurch korrosiv. In den Tanks werden die abgeschiedenen
Flüssigkeiten oder Chemikalien gelagert, die für die Erdgastrocknung
notwendig sind. Die abgeschiedenen Flüssigkeiten werden übrigens an
anderer Stelle wieder in die Lagerstätte zurückgepumpt. Über
die Fackel kann das Erdgas im Notfall bzw. bei sog. Fördertests verbrannt
werden. Das Sauergas wird über sog. Verdichterstationen und unterirdische
Leitungen von allen Ecken des Landes nach Großenkneten transportiert.
Wenn eine Lagerstätte leergefördert ist, besteht übrigens
keine Gefahr, dass ein entstanderner Hohlraum einbricht, und die Erdoberfläche
in Mitleidenschaft gezogen wird, wie es im Kohlebergbau schon einmal vorkommen
kann.
Das Erdgas liegt unten im Gestein nämlich nicht in Form einer riesigen
Gasblase vor, sondern es ist wie in einem Schwamm in den Poren des Gesteins
enthalten. Damit diese Poren nicht verstopfen, muss das Erdgas kontinuierlich
gefördert werden, d.h. auch im Sommer, wenn weniger (Heiz-) Energie benötigt
wird. Um das überschüssige „Sommergas“ im Winter zur Verfügung
zu haben, wird es in sog. Untergrundspeichern zwischengelagert. So gab es bis 2011 z.B. in Dötlingen einen großen Erdgasspeicher, wo das in Großenkneten gereinigte Gas in
eine leergeförderte Lagerstätte einpresst wurde, um es bei Bedarf, d.h.
im Winter, wieder herausfördern zu können. Dieser Speicher bestand
aus einer ganzen Reihe von Erdgassonden, die alle dicht beieinander liegen und
gewaltigen Verdichterturbinen, mit deren Hilfe das Gas eingepresst wird, und
die in schallgeschützen Hallen unterbracht sind.
im Speicherbetrieb Dötlingen
Verdichterhalle des Speichers Dötlingen mit schallgeschützten Kaminen
Man sieht, der Erdgasförderprozess im Raum Südoldenburg
ist ein sehr komplexer und auch kostenintensiver Vorgang, von dem man außer
ein paar Fackeln, Tanks und Schornsteinen allerdings nur wenig sehen kann, denn
das meiste spielt sich in der Tiefe ab.